KREBS UND PSYCHE

Hat Ihnen jemand etwas Schlimmes angetan, und Sie können das einfach nicht vergessen? Ein Nicht-Vergeben-Können über lange Zeit ist nicht nur Ursache für seelischen Schmerz, sondern kann auch körperliche Erkrankungen auslösen.

Die junge Wissenschaft Psychoonkologie lehrt, dass unsere Gedanken und Gefühle Einfluss auf den Gesundheitszustand haben. Ihre Botschaft lautet:
Sie können gesund werden oder mehr Lebensqualität erreichen, wenn Sie Negativität und Selbstzerstörung in Freude und inneren Frieden verwandeln.
Einer der „Väter“ der Psychoonkologie ist Dr. Carl Simonton.

„Sie haben Krebs“ – diese drei Worte verändern das Leben für immer. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Der Boden vermeintlicher Sicherheiten schwankt und neben körperlichen Problemen können auch verschiedenste Ängste zur Qual werden. Durch das Internet ist die Informationsflut so umfangreich wie nie und die Vielfalt der Therapiemöglichkeiten für den Laien äußerst verwirrend. Neben Schul- und Komplementärmedizin gibt es eine Fülle von Angeboten, die Linderung oder Heilung versprechen und nach dem ersten Schock stellen sich für den Betroffenen viele Fragen: Welchen Weg soll ich wählen? Wo finde ich Unterstützung? Ist es sinnvoll, Meinungen von mehreren Fachleuten einzuholen? Wofür Sie sich nach kompetenter Beratung und reiflicher Überlegung auch entscheiden – eine wichtige Frage sollte lauten: GIBT ES ETWAS, DAS ICH TUN KANN, DAMIT ICH GESUND WERDE? Der Arzt und Bestsellerautor Dr. Bernie Siegel schreibt in seinem Buch „Prognose Hoffnung“: „Was Sie denken und fühlen, verändert über das Nervensystem, Hormone und die Immunabwehr den Zustand Ihres Körpers. Schon Hippokrates sagte, dass eine Krankheit mehr mit dem zu tun hat, was im Kopf vorgeht, als mit dem Ort im Körper, an dem sie ausbricht.“ Jeder Patient kann also sich selbst mehr Wertschätzung entgegenbringen, die Kraft gesundheitsförderlicher Gedanken nutzen und verdrängte Gefühle verarbeiten. So fördert die enorme Kraft der Psyche täglich die Selbstheilungskräfte. Der amerikanische Krebsspezialist und Psychoonkologe Dr. Carl Simonton vertritt in seinen beiden Bestsellern „Wieder gesund werden“ und „Auf dem Weg der Besserung“ folgende Auffassung: „Krebs ist eine Methode des Körpers, der Person mitzuteilen, dass in irgendeinem Lebensbereich Veränderung notwendig ist.“ Er war auch einer der ersten, der über den positiven Einfluss von psychischer Betreuung auf die Überlebenszeit Publikationen veröffentlichte. In der Folge mehrten sich die Hinweise, dass psychische Unterstützung zu einer besseren Bewältigung der Krankheit führt. Dr. Simonton: „Vergessen Sie daher alle Statistiken über ihren Krebs. Sie sind einzigartig und Ihr Schicksal ist nicht vergleichbar mit dem eines anderen. Und schließlich kann das, was Sie tun oder nicht tun, den Verlauf der Krankheit entscheidend beeinflussen“.

Was können Sie als Betroffener tun, wenn Sie sich mit Ihrer Psyche auseinandersetzen wollen?

Es ist zwar durchaus sinnvoll, dafür professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen (scheuen Sie sich nicht davor!!), aber Sie können auch selbst damit beginnen. Ich habe als Psychologin gemeinsam mit dem Allgemeinmediziner Dr. Thomas Schmitt und dem Onkologen Dr. Clemens Leitgeb im Wiener Wilhelminenspital das „Wege ins Licht Programm“ geleitet, das auf den Grundsätzen von Carl Simonton beruht. Wir haben seine Ideen weiterentwickelt und geholfen, den Menschen ihre Selbstheilungskräfte zu wecken. Damit kann jeder Einzelne aktiv am Heilungsprozess mitarbeiten. Die Beschäftigung mit folgenden Bereichen hat sich dabei bewährt:

  1. Liebe Dich!

Der selbst erkrankte Greg Anderson schreibt in seinem Buch „Der Krebsüberwinder“: „Sie müssen den Punkt erreichen, an dem Sie sagen: Ich bin wichtig und ich bin nicht mehr bereit, unglücklich zu sein. Ich will mein Leben nicht länger in zerstörerischer Weise leben. Ich will mich ändern und mich lieben.“ Fangen Sie damit an, dass Sie die Opferrolle ein für allemal aufgeben und sagen: Egal, wie es bisher war – ich habe die Macht, mein Leben zum Positiven zu verändern. Und ich liebe mich selbst so sehr, dass ich sie auch anwende.

  1. Nutze die Kraft der Gedanken

Es gibt eine Art zu denken, die unserer Gesundheit förderlich ist, und eine, die ihr schadet. Überprüfen Sie, ob die Überzeugungen in wichtigen Lebensbereichen wie Liebe, Sexualität, Gesundheit, Erfolg und Geld Ihnen Stärke geben oder nehmen. Früher haben vielleicht die Eltern oder wichtige Bezugspersonen darüber entschieden, was Sie zu denken haben. Heute sind Sie der Kapitän auf Ihrem Lebensschiff und das Glas ist immer halb voll oder halb leer …

  1. Spüre das Gefühl

Wir haben gelernt, dass es nicht richtig ist, negative Gefühle wie Angst, Wut, Trauer, Unsicherheit, Eifersucht, Neid, Gier oder Hass zu empfinden. So unterdrücken wir solche Emotionen, schlucken sie, bis der Magen schmerzt oder kehren alles unter den Teppich. Hören Sie damit auf! Gefühle gehören akzeptiert und entsprechend dem persönlichen Temperament ausgelebt. Lange andauernde Verdrängung macht krank.

  1. Botschaft der Krankheit

Dr. Simonton ist der Meinung, dass jede Erkrankung eine spezielle Botschaft hat. Fragen Sie sich ganz ehrlich:

  • Was erlaubt mir die Krankheit zu tun, was ich immer schon gerne getan hätte, mich aber nicht getraut habe, bzw.
  • Was muss ich durch die Krankheit nun nicht mehr machen, was ich ohnedies nicht mehr tun wollte?

Wenn Sie auf diese Fragen eine entsprechende Antwort finden, dann beschäftigen Sie sich auch gleich mit der Nächsten: Welche gesunden Strategien kann ich einsetzen, um zum gleichen Ergebnis zu kommen?

  1. Stell dir vor du bist gesund

Die Kraft der inneren Vorstellung ist ein zentraler Punkt bei der Simonton-Methode. Visualisieren Sie ein wunderschönes goldenes Licht, das Ihren Körper von allem reinigt, was dort nicht hingehört. Lassen Sie Ihren Tumor von einer erdachten Sonne schmelzen, einem Bagger abtransportieren oder von Polizisten gefangen nehmen. Wichtig ist, dass Sie sich mit Ihrem Bild wohlfühlen und diese Szene einige Male am Tag entstehen lassen.

  1. Entwickle deine Spiritualität

Unabhängig von einem Religionsbekenntnis bedeutet Spiritualität:

  • Ich glaube daran, dass eine Art von Ordnung im Universum existiert und eine liebevolle Instanz („Gott“), dafür verantwortlich ist. An diese Höhere Kraft kann ich mich jederzeit um Hilfe und innere Führung wenden.
  • Leben bedeutet, sich weiter zu entwickeln und gewisse Lektionen zu lernen. Manchmal ist Leid nötig, um einen schädigenden Weg zu verlassen
  • Ich vertraue darauf, dass alles, was geschieht, Sinn hat, auch wenn ich ihn im Moment nicht erkennen kann.
  • Der Tod ist das Ende dieses Lebens, aber nicht das Ende meiner Existenz. Sterben bedeutet nicht Versagen. Versagen heißt vielmehr: sich den Herausforderungen des Lebens nicht zu stellen
  • Heilung bedeutet nicht unbedingt, völlig gesund werden, sondern inneren Frieden finden und das Leben trotz möglicher Behinderungen voll ausschöpfen.

Die Psychoonkologie entstand Anfang der 70er Jahre in Amerika, als sich der Onkologe Dr. Simonton und der Analytiker Le Shan entschlossen, Krebspatienten auch seelisch zu begleiten. Das bedeutete einen völlig anderen Zugang und die Väter der neuen Wissenschaft wurden anfangs auch entsprechend belächelt. Das änderte sich, als in der Folge zahlreiche Studien einen eindeutigen Zusammenhang zwischen psychischer Unterstützung und dem positiveren Verlauf der Krankheit oder einer längeren Überlebenszeit herstellten. Ende der 80er Jahre gründeten zwei Ärzte in Österreich die „Gesellschaft für Psychoonkologie“. Die Gesellschaft bietet entsprechende Ausbildungen an, vermittelt Adressen von Absolventen und betreibt eine rege Kongresstätigkeit. Dr. Thomas Schmitt hat den Lehrgang absolviert und bietet seither in seiner Praxis das Simonton-Programm auch in Einzeltherapie an: „Ich glaube, dass wir uns grundsätzlich über die Psyche heilen oder die Lebensqualität deutlich verbessern können.“

Zurzeit ist die psychische Betreuung von Krebspatienten für den Krisenfall zwar gegeben, wird aber nicht automatisch angeboten. In Holland existiert bereits der Idealzustand, dass der Patient von der Diagnosestellung an begleitet und auf Wunsch durchgehend behandelt wird. In Österreich gibt es an den onkologischen Schwerpunktzentren in der Regel hunderte Neuerkrankungen im Jahr und nur eine (!) Planstelle für Psychologen. Beispielhaft ist hingegen die Situation an der 1. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital. Der international anerkannte Krebsspezialist und Vorstand der Onkologie Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig: „Es mir ein Anliegen, alle Mitglieder meines Teams für die psychische Verfassung des einzelnen Patienten zu sensibilisieren. Darüber hinaus hilft das Angebot an psychologischen Bewältigungsprogrammen den Betroffenen, ihr Leben neu zu ordnen. Die eigene Vergangenheit zu überdenken und sich unter Umständen ganz anders zu orientieren, kann dann das „Heilende an der Krankheit“ werden.“ An der Abteilung von Univ. Prof. Ludwig haben die Patienten über das „Kraftquellenteam“ vielfältige Möglichkeiten, ihr kreatives Potential zu entdecken und damit zusätzlich die Selbstheilungskräfte zu wecken. Neben dem „Wege ins Licht“ Programm werden Malstunden abgehalten, Interessierte schwingen das Tanzbein, Gebets- oder Meditationsgruppen bieten Unterstützung, oder eine Lebensberatung kann in Anspruch genommen werden. Mit Hilfe der freundlichen Frau Hermelinde Sedlacek wird im Internet gesurft und eine reichhaltige Bibliothek steht nicht nur den Patienten des Hauses zur Verfügung, sondern allen Interessierten.

Die psychische Betreuung von Krebspatienten steckt erst in den Kinderschuhen und sollte in den kommenden Jahren immer mehr ausgebaut werden. Mit dieser Unterstützung fällt es Betroffenen dann unter Umständen leichter, zu verstehen, was Dr. Bernie Siegl meint: „Die Fähigkeit auch im Unglück etwas Gutes zu sehen, ist vielleicht die wichtigste Eigenschaft, die Betroffene benötigen. Und die Fähigkeit zu erkennen, dass Schmerzen und Probleme eine Gelegenheit zum Wachstum sind, um neue Wege einzuschlagen.“

Literatur:

Carl Simonton:
„Wieder gesund werden“,
„Auf dem Weg der Besserung“

Greg Anderson:
„Der Krebsüberwinder“

Bernie Siegel:
„Prognose Hoffnung“