DIE KUNST SICH SELBST ZU LIEBEN

Gehören Sie zu den Leuten, die ihre Wohnung mit „Zeug“ vollgestopft haben und auch ein wenig unordentlich sind? Dann lohnt es, eine Entrümpelungsaktion ins Auge zu fassen. Sie werden damit nicht nur überflüssige Sachen los, sondern auch seelischen Müll.

Wir alle wollen von anderen geliebt werden. Aber solange wir uns selbst nicht lieben, achten und respektieren, wird das nicht wirklich funktionieren.

Daher heißt der erste Schritt zu echtem Selbstvertrauen und auch zur wahren Liebe: „Ich liebe mich selbst“. Ich habe als Psychologin aber auch im privaten Kreis festgestellt, dass die meisten Menschen sich nicht wirklich lieben. Selbsthass, Abwertung der eigenen Person, Minderwertigkeitskomplexe, diffuse Schuldgefühle und eine tiefverwurzelte Gewissheit von „Ich bin irgendwie nicht gut genug“, zeigen einen tiefen Mangel an Herzenswärme für sich selbst. Diese Gefühle entstehen in der Kindheit und überschatten unerkannt oft unser ganzes privates und berufliches Leben. Sich selbst zu lieben, bedeutet nicht, übertrieben egoistisch zu sein, sondern ein Gefühl für den eigenen Wert und gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln.

Beantworten Sie sich in einer stillen Stunde einmal folgende Fragen: Habe ich mir in meinem bisherigen Leben genug Liebe, Fürsorge und Respekt zukommen lassen? Waren immer nur die Bedürfnisse anderer wichtig? Habe ich mich selbst seelisch gequält durch übertriebenen Perfektionismus, negative Gedanken, Zweifel und Ängste? Habe ich meinen Körper misshandelt durch falsche Essgewohnheiten, mangelnde Bewegung, zu wenig Ruhe, zu viel Alkohol und Nikotin? War ich überzeugt davon, dass man Gefühle wie Wut, Hass, Angst und Trauer „hinunterschlucken“ muss, um akzeptiert zu werden? Habe ich zugelassen, dass andere mich ausnutzen, demütigen, terrorisieren oder schlagen? Verzichte ich bei Konflikten darauf, meine eigene Meinung zu sagen, weil ich Angst vor Streit habe? Baue ich Stress durch Entspannungstraining ab, oder schade ich meinem Körper durch noch mehr Essen, Nikotin, Alkohol oder Beruhigungsmittel? Ist meine Partnerschaft in Ordnung, oder werde ich gerade dort zu oft gekränkt?

Bei der Auseinandersetzung mit diesen Fragen geht es darum, zu folgender Haltung zu kommen: Egal wie es bisher war: ICH BIN KEIN OPFER. ICH ÜBERNEHME AB JETZT FÜR MICH DIE VERANTWORTUNG.

Viele von uns warten, bis der berühmte Reiter auf seinem weißen oder schwarzen Pferd kommt und uns vor all unseren Problemen rettet. Aber der Schmerz in unserem Leben wird nicht durch einen anderen beendet, sondern nur durch uns selbst. Wenn ich mich liebe weiß ich, dass es in meiner Macht liegt, mich selbst zu retten. Jeder von uns hat die Kraft, sein Leben zum Besseren zu verändern, auch wenn wir uns momentan schwach, hilflos und ausgeliefert fühlen. Wie bedrückend die jeweiligen Lebensumstände auch sein mögen, wir können immer etwas tun, um eine Änderung zum Besseren herbeizuführen. Der erste Schritt dazu heißt: Sich selbst lieben.

Wenn ich mich liebe, bringe ich mir Achtung und Respekt entgegen, nehme meine Bedürfnisse ernst, höre auf die Sprache meines Körpers und verdränge weder Gefühle noch Probleme. Ich setze vernünftige Grenzen, quäle mich nicht unnötig mit negativen Gedanken und muss andere nicht zwanghaft kontrollieren, um mein Selbstwertgefühl aufzupolieren. Ich lasse selbstschädigende Gewohnheiten los und entwickle die Einstellung: „Was ich fühle, denke und sage zählt. Ich bin wichtig!“

Am stärksten zeigt sich das Ausmaß unserer Selbstliebe beim Umgang mit anderen.
Fragen Sie sich, ob der Kontakt mit einem bestimmten Menschen wirklich förderlich ist, oder ob Sie ausgenutzt, vernachlässigt oder ignoriert werden. Manchmal leiden wir unter einer Beziehung seelisch und körperlich extrem stark und können trotzdem nicht loslassen. Wenn wir uns selbst mehr lieben, verschwinden diese zerstörerischen Beziehungen aus unserem Leben.

Wir wissen dann, dass wir das Beste verdienen und erlauben anderen nicht mehr, uns immer weiter weh zu tun.

Einer der wichtigsten Schritte zur Selbstliebe besteht darin, sich alten Schmerzen zu stellen. Die meisten von uns haben bereits in der Kindheit viel emotionales Leid erfahren. Nicht weil die Eltern uns absichtlich Böses zufügen wollten (obwohl natürlich auch das möglich ist), sondern weil sie aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage waren, Liebe, Zuwendung, Geborgenheit und Zärtlichkeit zu geben. Auch Trennungssituationen, seelische Vernachlässigung, sexueller Missbrauch oder andere Schockerlebnisse können solche Spuren hinterlassen, dass in dem Kind ein tiefes Gefühl von Minderwertigkeit entsteht. Wir wachsen auf und wieder fügen andere uns Schmerzen zu. Wir werden verlassen, ungerecht behandelt oder betrogen. Und immer wieder scheint das Szenario, sich zu wiederholen. Aus scheinbar unerfindlichen Gründen erleben wir erneut die gleichen Dramen, wählen Partner, die uns schlecht behandeln und sehen keine Möglichkeit, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Das Zauberwort, das alles ändert, heißt „Selbstliebe“. Wenn Sie beginnen, sich mehr zu lieben, wissen Sie instinktiv, dass alte, nicht verarbeitete Schmerzen, eine zerstörerische Wirkung auf Ihr Leben haben. Jede Verletzung aus der Vergangenheit, die als „Leiche im Keller“ liegt, kann daran schuld sein, dass Partnerschaften nicht funktionieren, das Berufsleben unbefriedigend ist und Dauergroll das psychische Klima vergiftet. Denn ungelöste Probleme und verdrängte Gefühle sind Dauerstress für Seele und Körper. Als Fortgeschrittener in Sachen Selbstliebe werden Sie aus diesem Grund brennendes Interesse daran entwickeln, diese Leichen herauszuholen und sie im Licht des Tages zu betrachten. Vielleicht ist es nötig, sich jahrelang unterdrückten Hass einzugestehen, furchtbare Ängste zuzulassen und so Möglichkeiten zu einer positiven Veränderung zu schaffen.

Erst wenn ich „ja“ sage zu meinen seelischen Wunden und den dazugehörigen Schmerz akzeptiere, bin ich frei.

Zur Selbstliebe gehört auch, den eigenen Gedanken Aufmerksamkeit zu schenken. Was wir denken beeinflusst das Wohlbefinden, die Beziehung zu anderen Menschen und auch unsere Gesundheit. Es scheint unglaublich, dass unser tägliches Denken solche Macht hat. Aber es gibt einen Zusammenhang, der diese Wirkung der Psyche auf den Körper erklärt: Ein Gedanke erzeugt ein Gefühl. Und dieses Gefühl wirkt direkt auf das Immunsystem und die einzelnen Organe. Vielleicht haben Sie selbst manchmal instinktiv folgende Ausdrücke verwendet: „Die Geschichte liegt mir im Magen“, „Das ist mir wirklich an die Nieren gegangen“, oder „Ich war so verletzt, ich dachte mir bricht das Herz“. Überprüfen Sie einmal Überzeugungen, die Sie in wichtigen Lebensbereichen wie Liebe, Partnerschaft, Sexualität, Beruf, Glück Gesundheit, Geld, und Erfolg haben. Machen diese Überzeugungen Sie stark und mutig oder hilflos und schwach? Helfen Ihnen Ihre grundlegenden Wertvorstellungen und täglichen Gedanken das Leben besser zu meistern oder sind sie voller Einschränkungen und Negativität?

Vergessen Sie nie: Sie bestimmen, was Sie über eine Sache denken. Das berühmte Glas Wasser ist immer entweder halb voll oder halb leer. Es kommt darauf an, wofür Sie sich entscheiden. Früher haben vielleicht die Eltern oder wichtige Bezugspersonen festgelegt, wie Sie zu denken haben. Heute sind Sie der Herr/die Frau im Haus. Und Sie prüfen, ob gewisse Gedanken für Ihr jetziges Leben noch förderlich sind oder nicht. Wenn Sie nicht sicher sind, ob eine Ihrer Überzeugungen reif für die Entsorgung ist oder nicht, machen Sie folgenden Test: „Hilft mir diese Überzeugung mein Leben und meine Gesundheit zu schützen? Hilft sie mir zur Erreichung meiner Ziele? Hilft sie mir bei Konflikten mit mir und anderen? Hilft sie mir dabei, mich wohl zu fühlen? Beruht sie überhaupt auf Tatsachen?“ Versuchen Sie, diesen Test einmal mit der weitverbreiteten Grundüberzeugung vieler Menschen: „Ich bin ein Opfer“. Alles klar? Unsere Vorstellungen über die Wirklichkeit werden oft wahr. Wenn Sie gewohnheitsmäßig negativ denken, werden Sie geheimnisvoller Weise auch viele entsprechende Erfahrungen machen. Die wichtige Botschaft lautet: „Es funktioniert auch umgekehrt!“ Positive Gedanken erzeugen mit einiger Übung auch positive Ergebnisse. Es ist wichtig, über die Macht der Gedanken in unserem Leben Bescheid zu wissen. Aber zwanghaft positives Denken ist nicht sinnvoll, weil damit oft wichtige Gefühle verdrängt werden. Der richtige Umgang mit sogenannten „negativen“ Gefühlen wie Zorn, Aggression und Hass ist folgender: Ich akzeptiere, dass ich jetzt in dieser Situation verdammt wütend bin. Das heißt aber nicht, dass es morgen noch so ist. Damit stehen Sie zu Ihrer seelischen Realität, schlucken nichts hinunter und lassen sich einen positiven Ausgang offen. Betrachten Sie auch ganz ehrlich Ihre Gefühlswelt. Jedes Gefühl, das Sie haben hat immer seine Berechtigung, auch wenn andere das nicht nachvollziehen können.

Wenn Sie in einer bestimmten Situation ängstlich sind, verletzt oder böse, hat das immer mit Ihrer persönlichen Lebensgeschichte zu tun. Stellen Sie sich folgende Fragen: „Warum fühle ich mich in Gegenwart dieses Menschen unsicher? Warum macht mich die gleiche Situation immer wieder wütend? Warum fühle ich Angst, wenn ich etwas Bestimmtes bewältigen soll?“ Gefühle sind Wegweiser zum Unterbewusstsein, wo alles gespeichert ist, was wir je erlebt haben – Freude, Schmerz, Konflikte, alte Verletzungen. Bewusst haben wir es vergessen, doch die unerledigten Dinge in unserem Unterbewusstsein lenken auch heute noch viele unserer Handlungen. So kann jedes aktuelle Gefühl uns helfen, seelische Verknotungen ein Stück weiter zu entwirren. Damit fühlen wir uns entlastet und haben mehr Energie und Lebensfreude.Es ist ein echter Akt der Selbstliebe sich mit den eigenen Gedanken und Gefühlen auseinander zu setzen. Das klärt die seelische Verfassung und damit wird die Psyche zu einer mächtigen Verbündeten. Wir werden dann unser eigener bester Freund und haben in Zukunft Besseres zu tun, als uns selbst durch unerledigte Geschichten aus der Vergangenheit, verleugnete Gefühle und negative Gedanken zu blockieren.

Wenn Sie wissen wollen, wie es mit Ihrer Selbstliebe bestellt ist, machen Sie ein Experiment. Stellen Sie sich nackt vor den Spiegel und sagen sie: „Ich mag mich selbst bedingungslos!“ Welche Gefühle löst das aus? Müssen Sie weinen oder lachen? Die meisten von uns sind der Meinung, dass zehn Kilo wegmüssen, die Nase korrigiert werden sollte oder die Oberschenkel begradigt. Wie auch immer, lieben Sie sich trotzdem. Sie können Dinge verändern, wenn Sie wollen, aber bis es so weit ist, lieben, achten und respektieren Sie sich. Es bringt nämlich nicht den geringsten Vorteil, es nicht zu tun.

Wenn Sie große Probleme damit haben, Minderwertigkeitsgefühle abzulegen, scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu suchen. Sie beweisen damit ein großes Maß an Selbstliebe. Es kann sehr weh tun, alte Muster zu bearbeiten, und sich Schmerzen der Vergangenheit zu stellen. Und es kann unglaublich tröstlich und entlastend sein, dabei eine hilfreiche Hand zu fühlen. Sie sind nicht verrückt, wenn Sie psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen, sondern sehr mutig und bereit, dem Leiden ein Ende zu setzen. Die Kunst sich selbst zu lieben, bedeutet, zu erkennen: „Es geht mir so gut, wie ich gelernt habe, für mich zu sorgen.“

DIE 3 SCHRITTE ZUR SELBSTLIEBE:

1. SANFTER UND GÜTIGER UMGANG MIT SICH SELBST
Fragen Sie sich: Wie kann ich mir selbst Gutes tun? Was brauche ich gerade jetzt? Ein Gespräch, ein Bad, frische Luft, eine Pause, eine Nackenmassage, …
2. SEELISCHEN UND KÖRPERLICHEN MISSBRAUCH DURCH ANDERE UNTERBINDEN
Lassen Sie nicht zu, dass irgendjemand Sie demütigt, benutzt oder terrorisiert. Suchen Sie unbedingt Hilfe, wenn Sie geschlagen oder sexuell missbraucht werden? Seelischer oder auch körperlicher Missbrauch ist sehr wahrscheinlich auch gegeben, wenn Sie mit einem Suchtkranken zusammenleben (Alkohol, Drogen, …).
3. AUFGEBEN DER OPFERROLLE
Sie sind den Umständen nicht hilflos ausgeliefert. Entweder können Sie äußere Bedingungen verändern, oder Ihre Einstellung dazu.

UMGANG MIT GEFÜHLEN ALS AUSDRUCK DER SELBSTLIEBE

1. Akzeptieren Sie jedes Gefühl als Ausdruck Ihrer Persönlichkeit – welches auch immer!
2. Leben Sie es in geeigneter Form und dem eigenen Temperament entsprechend aus (weinen, laut werden, (billiges!) Geschirr zerschlagen, dem anderen mitteilen, …).
Entfalten Sie Ihre Kreativität!!
3. Lernen Sie etwas über sich aus Ihren Gefühlen. Was fühle ich genau? Erinnert mich dieses Gefühl an eine ähnliche Situation?

Merke: Scheinbare Überreaktionen weisen auf noch unentdeckte Schmerzsituationen aus der Vergangenheit. Verdrängen Sie niemals Ihre Gefühle und genieren Sie sich auch nicht dafür. Gefühle sind Ausdruck von Lebendigkeit. Wer sie verleugnet verkümmert!