WERDEN SIE EINE SINNLICHE FRAU

Gehören Sie zu den Frauen, die denken, es wird im Bett schon alles klappen, wenn „er“ nur der Richtige ist und Sie wirklich liebt? Märchen sind auch schön und doch sind sie nicht immer wahr. Der bessere Weg zur sexuellen Zufriedenheit heißt: Ich finde heraus, was mir wirklich Spaß macht und wie ich genau das auch bekommen kann.

Heute ist sexuell alles erlaubt. Rein theoretisch können Sie an Orgien teilnehmen, bis Sie vor Erschöpfung zusammenbrechen, homo, hetero, oder bi lieben und den Swingerclub zu ihrem Stammlokal erklären. Der Besuch im Sexgeschäft ist für manche Frauen bereits Routine und kaum eine von uns fällt mehr in Ohnmacht, wenn sie Zeugin einer pornografischen Darstellung in Film oder Fernsehen wird.

Jeder darf mit jedem und zwar alles. Niemals zuvor waren die Zeiten sexuell so freizügig, etwaiges Informationsmaterial derart greifbar und die Theorie des Geschlechtslebens bis ins Letzte ausdiskutiert. Aber ist deshalb alles klar in unseren Betten? Hand aufs Herz: Haben Sie häufig solche Orgasmen, dass selbst Sally (die von Harry!) vor Neid erblassen würde? Ist Ihr Sexualleben so gestaltet, dass Sie vor Vergnügen glucksen, wenn Sie nur daran denken? Sollte dem so sein – herzlichen Glückwunsch, Sie gehören zu einer Minderheit. Ich habe als Psychologin tausende Frauen befragt, in vielen Kursen das Thema offen diskutiert, im Bekanntenkreis recherchiert und eigene Erfahrungen analysiert. Daraufhin bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Sexualität ist für viele Frauen zu viel, zu wenig, frustrierend oder belanglos.
Statt offenen Worten herrscht in vielen Schlafzimmern noch immer die gleiche Sprachlosigkeit vor wie vor hundert Jahren. Und wie damals wissen Frauen auch heute noch nicht, was ihnen guttut. Und wenn doch, dann getrauen sie sich nicht, es zu vermitteln. So erfüllen sie stumm ihre „Pflicht“, werden immer unlustiger oder erhöhen ihre Kopfschmerzrate.

Frauen und Männer sind verschieden, aber wie verschieden, ist uns oft nicht bewusst. John Gray, Autor des Bestsellers „Mars, Venus und Eros“: „Wenn unsere Mütter versicherten, dass der Weg zum Herzen eines Mannes durch dessen Magen führt, liegen sie damit etwa zwanzig Zentimeter zu hoch. Guter Sex ist der Weg dorthin. Frauen sehnen sich nach zärtlicher Zuwendung und echtem Verständnis. Für einen Mann ist das auch wichtig, aber am meisten zählt für ihn, dass er sich mit seiner Partnerin sexuell gut versteht“.

Wir wissen es schon lange: Männer und Frauen passen eigentlich nicht zueinander. Ich habe diese Geschichte, dass wir von der Venus kommen und die vom Mars immer geglaubt. Aber jede Frau, die sich nicht dem eigenen Geschlecht zuwendet, hat im Laufe ihres Lebens mit den Marsianern zu tun. Es empfiehlt sich also, einige Überlegungen anzustellen, wie das sexuelle Zusammensein mit diesen Fremdplanetariern trotzdem so verläuft, dass die sofortige Rückkehr zur Venus kein „Muss“ wird. Die Frage lautet daher: Wie kann ich meine Sinnlichkeit so entwickeln, dass Sexualität zur Quelle der Lebensfreude wird und nicht zum Dauerfrust? Und wenn ich alles darüber herausgefunden habe, wie lasse ich meinem Partner dieses Wissen zukommen, ohne ihn so vor den Kopf zu stoßen, dass der totale Erektionsverlust droht?

Ich habe einen kleinen Leitfaden der Sinnlichkeit zusammengestellt, der für viele Frauen und auch für mich funktioniert hat. Sollte der sexuelle Supergau bereits vorhanden sein oder unmittelbar bevorstehen – probieren Sie es einfach aus:

1) Lieben Sie sich selbst
Ohne dem großen Gefühl für sich selbst, ist auch die Freude im Bett bestenfalls begrenzt. Nur wenn Sie wissen, wer Sie sind und was Sie wollen, haben Sie die innere Einstellung, die für guten Sex unerlässlich ist:

Ich verdiene es, Lust zu empfinden.

Ich werfe einengende, lustfeindliche Programme wie „Eine anständige Frau empfindet dabei nichts“, „Männer wollen nur das Eine und verlassen mich danach“, „Wenn, dann nur im Dunklen“, über Bord

Ich akzeptiere meinen Körper(!)

2) Nicht ohne Orgasmus

Die Mythen über den weiblichen Orgasmus sind so zahlreich wie die Frauen, die noch niemals einen hatten. Zur Orientierung: Es soll Frauen geben, die bereits beim Betrachten eines männlichen Oberkörpers in orgastische Zuckungen verfallen oder über den berühmten G-Punkt dazu bewogen werden können. Ich persönlich kenne da nur eine, aber das Gros gelangt über die Stimulierung der Klitoris (händisch, mit Zunge oder in Einzelfällen mit dem Penis) in die ersehnten Höhen. Die Klitoris ist das kleine Knöpfchen am oberen Ende der Scheide, das häufig der männlichen Aufmerksamkeit entgeht. Im Gegensatz zu einer in Männerkreisen weitverbreiteten Annahme ist nicht die Scheide das Zentrum der Frauenlust, sondern selbiges Knöpfchen. Und eine Sexualität, die diesen Tatbestand unberücksichtigt lässt, ist für die Frau auf Dauer höchst unbefriedigend.

Der vielzitierte gemeinsame Orgasmus mag ja großartig sein (aber doch eher selten) und ich kenne sowohl Männer als auch Frauen, die im verzweifelten Bemühen dahin zu gelangen sich derart unter Druck setzen, dass dann gar nichts mehr geht. Also genießen Sie ruhig das „Hintereinander“, wobei „lady is first“ sich meiner Meinung nach bewährt. Wenn Ihnen ein Mann einreden will, dass es doch auch ohne Orgasmus sehr schön ist, dann bitten Sie ihn, sich viele sexuelle Beisammenseins auszumalen, bei denen er niemals ejakuliert. Das darauffolgende Mienenspiel wird Ihnen zeigen, dass sich seine Begeisterung in Grenzen hält.

3) Selbst ist die Frau

Entdecken Sie die Freude der Selbstbefriedigung, wenn Sie nicht wissen, wie ein Orgasmus sich anfühlt oder einfach nur zur Entspannung. Sie können Ihre Klitoris mit der Hand streicheln, einen Vibrator verwenden, die Dusche zweckentfremden, oder einen Polster zwischen den Beinen reiben. Ach ja, entgegen einer früher weit verbreiteten Meinung fallen einem danach nicht die Hände ab, Sie müssen nicht beichten und es zeugt auch nicht von einem schlechten Charakter.

4) Hintergrundwissen

Es lohnt durchaus, sich ein wenig darüber zu informieren, w i e unterschiedlich Frauen und Männer in sexueller Hinsicht sind. Bevor Sie über das bekannte „3-Punkteberührungsprogramm“ (Busen, Po, Scheide) in Verzweiflung verfallen, sollten Sie wissen, dass er unter Umständen der Auffassung ist, Ihnen mit dieser reduzierten Version etwas GUTES zu tun. John Gray: „Ist ein Mann erregt, stimuliert er die Frau, wie er es selbst gerne hätte. Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass Männer sofort an den Genitalien berührt werden wollen und davon gehen sie auch bei Frauen aus. Eine Frau will dort aber erst nach zärtlichen Umwegen angefasst werden.“

5) Tun Sie das „Unmögliche“

Ich möchte Sie dazu ermutigen im Bett Dinge auszuprobieren, die Sie vielleicht noch niemals getan haben. Es kann unglaublich befreiend sein, sich als Variante auf diverse Spiele einzulassen (Krankenschwester, strenge Herrin, „Lustsklavin“, …), oral oder anal zu versuchen, und im Eifer des Gefechtes sexuelle Kraftausdrücke zu verwenden. Auch der Einsatz diverser Geräte wie Vibratoren kann genauso lustvoll sein, wie ein Verbinden der Augen, das Zweckentfremden von Honig auf diversen Körperstellen oder eine sanfte Fesselung. Lassen Sie ruhig auch einmal einen Quickie zu. Wenn Sie sich in einer Beziehung grundsätzlich geliebt und gut aufgehoben fühlen, ist das eine Alternative, falls Sie für ausführlichere Aktivitäten keine Lust haben, zu müde sind, die Zeit fehlt und Sie ihn trotzdem nicht zurückweisen wollen.

6) Und es gibt ihn doch

Das heikle Thema „Sex ohne große Gefühle“ sollte eine sinnliche Frau zumindest einmal andenken. Es kann sein, dass es Zeiten im Leben gibt, in denen es an der wirklichen Liebe mangelt, aber trotzdem sexuelle Gefühle da sind. Spüren Sie ein Prickeln und es ist ein Kondom zur Hand (was immer der Fall sein sollte!) – tun Sie es!

7) Davor und Danach

Vorspiel und Nachspiel sind wichtige Bestandteile einer guten Sexualität. Die Psychologin Ella Patterson schreibt in ihrem Buch „Freche Frauen küssen besser“: „Erklären Sie Ihrem Mann, dass ein Geschlechtsverkehr ohne ausreichendes Vorspiel so ist, wie wenn er im Sportbericht nur die Endergebnisse hört, anstatt sich das Spiel anzusehen. Es ist erregender, von Anfang an dabei zu sein“. Wichtiger Punkt beim Vorspiel: Nicht nur was er tut, sondern wie viel Zeit er sich dabei lässt. Leider klappt das alles nicht immer wie es sollte. Und welche Frau könnte nicht auch von traurigen „Nachspielen“ erzählen, die sich in raschem Wegdrehen, sofortigem Einschlafen oder durch Druck auf eine Fernbedienung äußern. In „Intimate Touch“ schreibt Glenn Wilson: „ … dass der Mann erst beim Nachspiel beweist, ob er ein erotisch zivilisierter Erwachsener ist“. Ojeoje.

8) Wie sage ich es ihm?

Sie haben nun ihre eigene Sinnlichkeit weiter erforscht, wissen was Sie wollen und wie Sie es bekommen könnten, wenn er nur einfühlsamer wäre, langsamer, oder die Beschäftigung mit Ihren erogenen Zonen nicht als pure Zeitverschwendung betrachten würde. Männer sind zwar grundsätzlich simpler konstruiert als wir, aber auch unter Ihnen gibt es unterschiedliche Exemplare.

Typ 1 ist ganz begierig darauf, nähere Einzelheiten über Ihre Wünsche zu erfahren, um diese dann wieselartig zu erfüllen. Bei einem solchen geht es nur darum, dass Sie sich auch trauen. Tun Sie das, es lohnt sich meist.

Typ 2 ist von seinen Liebhaberqualitäten überzeugt und betrachtet bloße Anregungen schon als Kritik. Ist er aber der, den Sie haben wollen, müssen Sie hier mit positiven Verstärkern arbeiten. Bitten Sie um etwas und geben Sie nachher in allerhöchsten Tönen Ihre Zufriedenheit kund. Sie können es ihm auch zeigen, aber Männer dieser Art sind für sanfte Demonstrationen meist nicht besonders zugänglich. Es empfiehlt sich daher das direktere Medium der Sprache. 

Typ 3 ist nicht unbedingt mit Casanovas angeblichen Talenten gesegnet, aber er reagiert doch willig auf dezente Hinweise wie das Platzieren der Hand an der richtigen Stelle, ein wilderes Aufstöhnen bei erwünschten Handlungen oder ein gehauchtes „Ja bitte, mach das“. Männer, die sich überhaupt nicht für Ihre Wünsche interessieren und das auch glaubwürdig vermitteln, sollte eine sinnliche Frau aus Ihrem Bett und Ihrem Leben verdammen. Sie sind weder gute Liebhaber noch Lebenskameraden.

9) Kein Interesse

Herrscht bei Ihnen die Dauerunlust, machen Sie folgenden Check: Hege ich einen tiefen uneingestanden Groll gegen ihn?
Bin ich überlastet? Habe ich Schocks erlitten, die noch nicht verarbeitet sind (Missbrauch, Trennungen …)?
Will ich ihn nicht mehr und gestehe mir das nur nicht ein? Gute Sexualität trägt zur Lebensfreude bei und es lohnt auf jeden Fall der Sache mit der Unlust auf den Grund zu gehen.

10) Liebe

Es passiert den besten unter uns: Wir lieben einen der Marsbewohner. Sie können dann gar nicht genug Geduld und Einfühlungsvermögen aufbringen, um aus diesem Höhlenmenschen ein wertvolles Mitglied der venusischen Gesellschaft zu machen. Sie werden unter Umständen bei Adam und Eva anfangen müssen, um ihm die einfachsten Regeln des zarteren Umganges beizubringen und schier daran verzweifeln, dass er offenbar – obwohl diesmal im gleichen Land geboren – niemals dieselbe Sprache spricht. Aber eine sinnliche Frau, die liebt, ist klug, ein wenig raffiniert und damit ihrem Marsianer zu seinem eigenen Vorteil haushoch überlegen. Und sie weiß, dass Sexualität verbunden mit Liebe unglaubliche Möglichkeiten enthält, für das wahrscheinlich doch schönste Erlebnis dieser Welt – ein befriedigendes Zusammensein von Frau und Mann.

LITERATUR:

John Gray: „Mars, Venus und Eros“, Mosaik Verlag
Ella Patterson: „Freche Frauen küssen besser“, Mosaikverlag
Glenn Wilson: „The intimate touch“, Orbisverlag