WIE GEWINNE ICH FREUNDE

Ein echter Freund ist ein Mensch, der mich liebt, wenn ich erfolgreich und glücklich bin, aber auch wenn die Wimperntusche unter meinen Tränen verrinnt. Wie kann ich so eine(n) finden und behalten?

Also ich habe eine wirklich gute Freundin. Keine von der Sorte, die einen an Grippetagen anschaut und sagt: „Du siehst einfach großartig aus, Liebste.“, oder hinter dem Rücken süffisant eine neuerliche Gewichtszunahme kommentiert. Meine Freundin ist eine echte Seelenschwester. Wir marschieren im gleichen Schritt durch Täler, Berge und wilde Wasser. Wir teilen die kleinste Regung des Herzens, die dunkelste Tiefe der Verzweiflung und auch mal den verbotenen Kaffee, auf den wir beide allergisch sind. Sie stand mit mir am Spitalsbett meiner Mutter und die Kirche, in der sie nicht auch für mich eine Kerze anzündet, gibt es nicht. Das einzig wirklich Bedauerliche ist, dass wir beide Männer mögen. Sonst würde ich sie glatt heiraten.

Seien wir einmal ganz ehrlich: Jeder von uns hätte gerne Menschen um sich, die Wärme geben, Anteil nehmen, mit uns lachen, aber auch trösten können. Dr. Albert Schweitzer hat einmal gesagt: „Wir sind vielleicht mit Menschen zusammen und doch sterben viele von uns vor Einsamkeit“. Warum haben manche tragfähige Beziehungen und andere nicht? Andrew Matthews schreibt in seinem Buch „So machst du dir Freunde“: „Viele wissen einfach nicht, welche Fähigkeiten nötig sind, um ein wirklich gutes Verhältnis aufzubauen. Und einige Menschen lassen andere nicht an sich heran, weil sie tief drinnen Angst haben, verletzt zu werden. Natürlich kann einem jemand Schmerz zufügen, aber wirklich leiden werden Sie, wenn Sie erkennen, dass alles viel besser, intensiver, aufregender hätte sein können, als es war“. Wenn Sie sich hinter einer Mauer verstecken, kommt vielleicht kein Schmerz herein. Aber der Aufenthalt hinter turmhohen Ziegelwänden ist auch verdammt einsam.

Es trägt ungemein zur Lebensqualität bei, Menschen zu haben, die einem wirklich verbunden sind. Lernen Sie aber auch, zwischen Bekannten und Freunden zu unterscheiden. Beide erfüllen eine Funktion in unserem Leben, aber wenn sie die einen mit den anderen verwechseln, kann es problematisch werden. Ein Freund ist ein echter Weggefährte, bei dem ich immer so sein kann, wie ich wirklich bin. Humorvoll formuliert: Er kennt mein wahres Wesen und liebt mich trotzdem. Bekannte lassen wir vielleicht nicht so tief in uns hineinblicken, was nicht heißt, dass wir mit ihnen nicht Spaß haben, über die Weltprobleme diskutieren oder hinter irgendeiner Art von Ball herlaufen können.

Im Umgang mit anderen haben wir immer die Wahl zwischen verschiedenen Verhaltensweisen, aber die meisten von uns bewegen sich in den ewig alten Geleisen. Wir verwenden Muster, die ohnedies noch nie wirklich funktioniert haben und verteidigen sie auch noch, als ginge es ums Leben. Wenn also etwas bisher nicht das gewünschte „Beziehungsergebnis“ gebracht hat – TUN SIE ETWAS ANDERES.

Wie können Sie nun echte Freunde gewinnen?

  1. Unternehmen Sie so viel wie möglich

Auf dem Weg zwischen Fernseher und Kühlschrank trifft man selten interessante Menschen. Bevor Sie eine Einladung ablehnen, sagen Sie sich: Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte die Chance meines Lebens sein. Und wenn puncto Angebote traurige Leere herrscht, werden Sie selbst initiativ: Fitness, Selbsthilfegruppen, Tanz, Internet …

  1. SELBSTLIEBE!!!

Ändern Sie die Einstellung „Wenn ich nur ein paar Menschen finde, die mich mögen, werde ich glücklich sein“. Andere können dazu beitragen, dass wir uns bereichert fühlen, aber wirkliche Stärke finden wir nur in uns selbst. Andrew Matthews: „Sie haben in diesem Leben nur folgende Aufgaben: Sich treu zu sein, andere so zu behandeln wie Sie behandelt werden möchten und herauszufinden, wie Sie sich selbst glücklich machen können.“

  1. Heraus aus der Opferrolle

Wer sich anderen gegenüber immer ausgeliefert und ohnmächtig fühlt, kann keine echten Freundschaften aufbauen. Vergessen Sie nie: Sie haben immer eine Wahl. Tatsächlich suchen wir uns vieles im Leben aus – die Arbeit, den Partner, die Bekannten. Dale Carnegie schreibt in seinem Buch „Wie man Freunde gewinnt“: „Wir sagen oft: Es war schlimm, aber ich konnte einfach nichts machen. In Wirklichkeit stimmt es jedoch nicht, dass wir nichts tun konnten, sondern dass wir einfach nichts taten. Glückliche Menschen haben trotz Schwierigkeiten Erfolg, nicht weil sie keine Schwierigkeiten haben.“ Auch wenn Sie noch so einen schlechten Start im Leben hatten,– beschließen Sie, dass es dennoch an Ihnen liegt, etwas dagegen zu unternehmen. Wenn Sie ihr Leben und die Beziehungen nicht in Ordnung bringen, wer soll es dann tun?

  1. Vermitteln Sie Positives

Wir alle sehnen uns nach Anerkennung. Wenn Sie Freunde gewinnen oder behalten wollen, sagen Sie nette Dinge über sie. Keine plumpen Schmeicheleien, sondern ernstgemeinte Komplimente. Das kann die Frisur betreffen, ein Kleid, eine gute Eigenschaft oder Verhaltensweise. Ermutigen Sie andere auch, an ihre Stärke zu glauben. Das macht Mut und kann Unglaubliches bewirken.

  1. Hören Sie zu

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie jemandem etwas erzählen und der andere beobachtet dabei die Vögel, den Fernseher oder die Fingernägel? Wer echte Bindungen aufbauen möchte, gibt dem anderen die Aufmerksamkeit, die er selbst gerne hätte.

  1. Zeigen Sie Mitgefühl und Einfühlungsvermögen

Ein indianisches Sprichwort sagt: „Du kannst einen anderen nicht beurteilen, bevor du nicht ein Jahr in seinen Mokassins gegangen bist“ Versetzen Sie sich also zumindest geistig in die Schuhe des Freundes. Warum reagiert er jetzt wohl so? Was macht ihm zu schaffen? Was können Sie tun, um in dieser Situation zu helfen? Wir alle wollen verstanden und erfühlt werden. In einer echten Freundschaft lernen wir die Verfassung des anderen zu spüren und entsprechend zu handeln. Das ist es, was letztendlich warme Geborgenheit schafft. Der schwerste Weg wird leichter, wenn das tiefe Verständnis eines anderen uns auffängt.

  1. Seien Sie tolerant

Wir alle ärgern uns über manche Eigenschaften unserer Mitmenschen. Aber wenn wir zu viele Bedingungen für das Verhalten der anderen stellen, landen wir in der Einsamkeit. Tun Sie sich selbst einen Gefallen und sehen sie die Dinge nicht ganz so eng. Das gilt natürlich nicht für echten seelischen oder körperlichen Missbrauch! Aber es kann zum Beispiel sein, dass ein chronisch unpünktlicher Mensch auf der anderen Seite so witzig ist, dass Sie aus dem Lachen nicht herauskommen. Wir alle haben unterschiedliche Temperamente und Prioritäten. Andrew Matthews: „Erweisen Sie den anderen genügend Respekt, um sie das Leben auf ihre eigene Weise erfahren zu lassen. Üben Sie Toleranz, nicht um ein besserer Mensch zu sein, sondern ein glücklicherer“. Und denken Sie daran: Sie können sich über alles mögliche aufregen, verpflichtet sind Sie dazu nicht.

  1. Sagen Sie, was Sie fühlen

Wenn Sie traurig sind, Ängste oder Probleme haben, nicht weiter wissen – teilen Sie sich mit. Nur ein solches Verhalten schafft echte Nähe. Und wenn Sie jemanden mögen – sagen Sie es um Gottes willen! Wir alle hören so etwas gerne und trotzdem beißen sich manche eher die Zunge ab als „Ich hab dich lieb“, oder „Ich mag dich sehr“ herauszubringen.

  1. Frauen und Männer

Eine wirklich gute Freundin ist ein absolutes „Muss“ für jede Frau. Es gibt wohl keinen Gleichklang der Seelen, der diesem Verbundenheitsgefühl nahekommt. Sollte so ein Wesen in Ihrem Leben nicht existieren, dann hören Sie nicht auf, sich danach umzusehen. Ein besonderes Kapitel ist die Freundschaft zwischen Mann und Frau. Entgegen der landläufigen Meinung gibt es diese tatsächlich. Ich freue mich seit fast zehn Jahren über die männliche Präsenz von zwei Männern in meinem Leben, mit denen mich neben viel seelischem Austausch wirklich nur die Platonik verbindet. Es kann herzerfrischend sein, mit dem „besten Freund“ die eigene Liebesgeschichte durchzuhecheln und dabei seine Sicht besser verständlich gemacht zu bekommen. Auch eine kumpelhafte Umarmung von Zeit zu Zeit tut sehr gut.

  1. Seien Sie selbst ein Freund

Das ist immer noch eines der besten Rezepte, wenn man Menschen nahekommen will. Humor, Großzügigkeit und Einfühlungsvermögen sind Fähigkeiten, die Sie dafür entwickeln sollten. Aber sonst brauchen Sie nicht anders zu werden, als Sie sind. Legen Sie einfach ein paar Schichten ab und zeigen Sie mehr von dem, was wirklich in Ihnen ist.

Und um Sie ganz klein wenig neidisch zu machen, hier noch ein Text von meiner Busenfreundin:

Weil du ein Teil meines Herzens geworden bist,
Und ich dich darin behutsam und achtsam mit mir trage,
im Bewusstsein, dass du kostbar bist,
weil du meine Seele tief berührst,
weil ich dir unendlich vertraue,
weil du mein Leben reich machst,
weil es, seit es dich für mich gibt,
nie mehr ganz dunkel wird,
sondern ein Licht den Alltag erhellt,
weil du mit mir schwingst und mich verstehst,
weil ich mich bei dir geborgen fühle,
weil meine Seele bei dir ein Stück Heimat gefunden hat,
weil ich mit dir lachen kann,
und auch meine Tränen bei dir gut aufgehoben sind,
weil ich so sein darf, wie ich bin,
und durch dich so werde, wie ich sein kann,
weil du mich förderst und forderst,
weil du ein Lebenselixier für mich bist,
deshalb und aus tausend Gründen mehr,

Viel Glück beim Suchen!

10 FRAGEN ZUR „FREUNDSCHAFTSFÄHIGKEIT“

  • Bin ich zuverlässig?
  • Kann ich über mich selbst lachen?
  • Halte ich häufig Monologe?
  • Rede ich immer wieder nur über dieselben Themen? (Gesundheit, Geld, Partner, …)
  • Bin ich ein guter Zuhörer?
  • Jammere ich zu viel?
  • Kann ich auf andere eingehen?
  • Macht es Spaß, mit mir zusammen zu sein?
  • Habe ich Angewohnheiten, die Distanz bewirken? (zu elegante Kleidung, Kühle, Aufdringlichkeit, …)
  • Kann ich meine eigenen Angelegenheiten auch zurückstellen und auf andere eingehen?

Literatur:

Andrew Mattews:
„ So machst du dir Freunde“, VAK Verlag GmbH

Dale Carnegie:
„Wie man Freunde gewinnt“

Verena Kast:
„ Die beste Freundin“, Kreuz Verlag